Politik in der vierten Person Singular


  • 2. April 2017 | 11:45 – 12:30

Vortrag, Katja Diefenbach (Berlin)

Zwischen den Paradoxa von Klassen-, Massen- und minoritären Kämpfen
In Das Elend der Philosophie erklärte Marx, dass die Geschichte durch ihre „schlechte Seite“ voranschreite, durch den Schmerz des Negativen, durch Ausbeutung und Klassenkampf. Mit dieser „Dialektik der schlechten Seite“ kritisierte er nicht nur eine Politik der humanistischen Ideale und guten Absichten, er behauptete auch, dass das Universale (der Sinn des Kommunismus) stark genug sei, um durch sein Gegenteil zu prozessieren. Aber im Laufe seiner eigenen Lebens- und Denkerfahrungen musste Marx kaum ein Argument so sehr berichtigen und reformulieren, wie die geschichtsphilosophische Garantie, dass Heteronomie in Autonomie, Enteignung in Aneignung umgearbeitet wird – sei es durch die ökonomischen Widersprüche der Kapitalbewegung selbst, sei es durch die politische Unmöglichkeit, die Arbeitskraft dauerhaft auf den Status einer Ware zu reduzieren. Ausgehend von den Konflikten in der ersten Internationale sowie der sozialrevolutionären Kritik, der von Marx und Engels dominierte Generalrat organisiere eine zweifache Diktatur – der Kader über die politische Basis, der Arbeiterklasse über alle anderen unterdrückten Schichten –, befrage ich Paradoxa anti-kapitalistischer Politik zwischen Klassen-, Massen- und minoritären Kämpfe. Gleichzeitig verfolge ich entlang der Begriffe der Dialektik, der Zeit und der Differenz konkurrierende postmarxistische Ansätze, wie anthropo- und eurozentrische, evolutionistische und teleologische Elemente aus der Theoriebildung entfernt werden können.